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Unberechtigter Rücktritt beim Architektenvertrag

In einer jüngst ergangenen Entscheidung des OGH (22.04.2022, 4 Ob 9/22k; www.ris.bka.gv.at/jus) wurden die Voraussetzungen für den Rücktritt von einem Architektenvertrag behandelt. Auch ohne ein Recht auf Rücktritt ist ein Abbestellen des Werkes durch den Auftraggeber zulässig, allerdings bleibt diesfalls die Pflicht zur Bezahlung des Architektenhonorars unberührt.

Sachverhalt
Die klagende Bauherrin beauftragte den beklagten Architekten 2013 mit der Einreichplanung für den Umbau eines ererbten Einfamilienhauses. Ziel war eine offenere, modernere Gestaltung desselben. Die Baubehörde teilte dem Beklagten nach Vorprüfung seiner Einreichpläne mit, dass Ergänzungen und Korrekturen erforderlich seien. Zwar konnten Einwände der Behörde gegen die geschlossene Bauweise im ersten Obergeschoss ausgeräumt werden, jedoch waren andere gravierende Mängel am eingereichten Plan, insbesondere eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe von 5 Metern um 2,1 Meter – so gravierend, dass sie ohne eine Abänderung des geplanten Gebäudes, welche sich auf die Erscheinung und Nutzbarkeit auswirken würde, nicht behoben werden konnten. Nach Behebung wäre das geplante Gebäude nicht mehr jenes gewesen, dessen Entwurf die Klägerin freigegeben hatte. Die Klägerin wäre grundsätzlich auch mit vom ursprünglichen Einreichplan abweichenden Lösungen einverstanden gewesen. Die Klägerin war sehr enttäuscht und ersuchte den Beklagten unmittelbar nach der Baubesprechung mit seinen Arbeiten inne zu halten, weil ihr Vertrauen aufgrund der Planungsmängel und der nicht in ihrem Interesse liegenden Lösungsvorschläge erschüttert gewesen sei. Nach einer Bedenkzeit beendete die Klägerin die Zusammenarbeit endgültig. Die Klägerin hätte dem Beklagten bereits € 23.600,00 an Architektenhonorar bezahlt. Mit der der Entscheidung zugrunde liegenden Klage begehrte die Klägerin die Rückzahlung von € 13.600,00 an Werklohn. Sie habe den Vertrag aufgelöst, weil die Einreichplanung wegen der Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe nicht genehmigungsfähig und daher unbrauchbar gewesen sei. Für die mangelhafte Leistung des Beklagten seien nur € 10.000,00 angemessen. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.

Rechtliche Ausgangslage
Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Vertragsteil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am  gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere gemäß § 918 Abs 1 ABGB unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären. Das Rücktrittsrecht unter Nachfristsetzung steht also nicht nur bei Leistungsverzug zu, sondern auch bei einem in der Verweigerung der Zuhaltung von vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen gelegenen Vertragsbruch, wenn er mit einer schwereren Erschütterung des Vertrauens in die Person des Vertragspartners einhergeht. Der Rücktritt wird erst nach einer angemessenen Nachfrist wirksam. Die Rücktrittserklärung und Nachfristsetzung bilden eine Einheit, die dem Schuldner eine letzte Chance zur Vertragserfüllung geben soll. Von der Nachfristsetzung kann in Ausnahmefällen abgesehen werden. Etwa, wenn der Schuldner offensichtlich nicht in der Lage ist, die Leistung nachzuholen oder die Leistung bereits endgültig und ernsthaft verweigert hat.

Entscheidung des OGH
Konkret beim Architektenvertrag berechtigt die Erstellung eines mangelhaften Einreichplans nicht zur Vertragsauflösung, wenn die Mängel verbesserungsfähig sind. Im vorliegenden Fall gelang der Klägerin der Beweis nicht, dass es dem Beklagten nicht möglich gewesen wäre, die derzeit nicht genehmigungsfähigen Pläne doch noch im Sinne des Planungsauftrages zu verbessern. Es lagen sohin keine derart wichtigen Gründe vor, die zu einer sofortigen Vertragsaufhebung, das heißt ohne Nachfristsetzung nach § 918 ABGB berechtigen würden. Der Architekt hat gemäß § 1168 Abs 1 ABGB den Anspruch auf das vereinbarte Entgelt, wenn die Ausführung des Werks durch Umstände auf Seiten des Bestellers unterbleibt. Dazu gehört grundsätzlich auch die Abbestellung des Werks, sofern diese nicht auf ein schuldhaftes Verhalten des Architekten zurückzuführen ist. Die von der Klägerin begehrte Rückforderung des Architektenhonorars besteht somit auch nach dem OGH nicht zu Recht.

Ergebnis
Im Ergebnis heißt dies, dass die Rücktrittserklärung des Auftraggebers im Zweifel jedenfalls unter Einräumung einer Nachfrist vorgenommen werden sollte. Dem Architekten als Werkunternehmer sei in Erinnerung gerufen, dass sein Werklohnanspruch auch im Falle einer Abbestellung des Werks nach § 1168 Abs 1 ABGB grundsätzlich bestehen bleibt.

Link unter: 22.04.2022, 4 Ob 9/22k

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