News

Neuerungen im Arbeitsvertragsrecht

Die sich kontinuierlich wandelnde Arbeitswelt bringt auch ständige Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen mit sich. Besonders innerhalb der Europäischen Union werden Maßnahmen ergriffen, um transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wurde die EU-Richtlinie 2019/1152 (EU-Transparenzrichtlinie) verabschiedet, die auch einige Änderungen im österreichischen Arbeitsrecht mit sich bringt (BGBl. I Nr. 11/2024). Diese Gesetzesänderungen sind am 28. März 2024 in Kraft getreten und beinhalten unter anderem Neuerungen im Bereich des Dienstzettels, der Mehrfachbeschäftigung und der Übernahme von Aus-, Fort- und Weiterbildungskosten sowie die Erweiterung des Motivkündigungsschutzes.

Auf der Website der Bundeskammer finden Sie den entsprechend adaptierten Musterdienstvertrag.

Im Folgenden sind die wichtigsten Neuerungen aufgeführt:

1. Dienstzettel (und ggf Dienstverträge)
Neben den bisherigen Inhalten (§ 2 AVRAG) wurden die Mindestinformationen um folgende Punkte ergänzt:

  • Sitz des Unternehmens
  • kurze Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung
  • Art der Entgeltauszahlung
  • Hinweis auf das Kündigungsverfahren
  • Vergütung von Überstunden und Auszahlungsart
  • Änderungsbedingungen von Schichtplänen
  • Name des Sozialversicherungsträgers
  • Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit
  • Information über den Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Mindestangaben bei Auslandstätigkeit von mehr als einem Monat

Änderungen der im Dienstzettel angeführten Inhalte sind der:dem Arbeitnehmer:in unverzüglich schriftlich mitzuteilen, spätestens jedoch am Tag ihres Wirksamwerdens (bisher: spätestens einen Monat nach ihrem Wirksamwerden).

Arbeitnehmer:innen können nun entscheiden, ob der Dienstzettel in physischer Form (auf Papier) oder elektronisch (per E-Mail) zur Verfügung gestellt werden soll.

Bisher waren kurzzeitige Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer von weniger als einem Monat von der Verpflichtung zur Ausstellung eines Dienstzettels ausgenommen. Diese Ausnahme entfällt nun, und ein Dienstzettel muss unabhängig von der Vertragsdauer ausgestellt werden.

Wird einschriftlicher Dienstvertrag mit den notwendigen Inhalten eines Dienstzettels ausgestellt, muss kein Dienstzettel ausgestellt werden.

Bei Unterlassung der Aushändigung eines Dienstzettels droht eine Geldstrafe in Höhe von € 100,- bis € 436,-. Im Falle einer Wiederholung innerhalb von drei Jahren oder wenn mehr als fünf Arbeitnehmer:innen betroffen sind, kann die Strafe zwischen € 500,- und € 2.000,- liegen.

Bei nachträglicher Aushändigung des Dienstzettels und bloß geringem Verschulden (zB bei einem erstmaligen Verstoß) kann von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen werden.

Auswirkung für Arbeitgeber:innen:
Da die bisherigen Dienstzettel vermutlich nicht die erforderlichen Ergänzungen enthalten, müssen die bisher verwendeten Muster-Dienstzettel angepasst werden.

Soferne „nur“ Dienstverträge ausgestellt werden, müssen neu abgeschlossene Dienstverträge um die zusätzlich geforderten Inhalte eines Dienstzettels ergänzt werden.

Alle ab dem 28. März 2024 geschlossenen Dienstverträge müssen bereits den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Für "Altverträge" (Dienstverträge, die vor dem 28. März 2024 abgeschlossen wurden) ist hingegen keine Anpassung erforderlich.

2. Recht auf Mehrfachbeschäftigung
Die neu eingeführte Bestimmung des § 2i AVRAG verankert nun gesetzlich das Recht auf Mehrfachbeschäftigung.

Im Einzelfall können Arbeitgeber:innen die Unterlassung der Nebenbeschäftigung fordern, wenn diese gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen verstößt (Arbeitgeber:innen sind weiterhin dafür verantwortlich, dass die zulässigen Höchstgrenzen der Arbeitszeit nicht überschritten werden), oder das Hauptarbeitsverhältnis dadurch beeinträchtigt wird.

Auswirkung für Arbeitgeber:innen:
Es ist unzulässig, eine Nebenbeschäftigung arbeitsvertraglich zu verbieten. Stattdessen wird vorgeschlagen, eine Meldepflicht (keine Genehmigungspflicht) für die:den Arbeitnehmer:in bei Aufnahme einer Nebenbeschäftigung zu vereinbaren, auch um die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben einhalten zu können.

3. Aus , Fort- oder Weiterbildungskosten (§ 11b AVRAG)
Die Teilnahme an Aus-, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen, die gesetzlich vorgeschrieben oder durch Verordnungen, Kollektivverträge oder Dienstverträge für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeiten erforderlich sind, gilt als Arbeitszeit. Die Kosten dafür sind von der:dem Arbeitgeber:in zu tragen, sofern sie nicht von einem Dritten (z.B. AMS) übernommen werden.

Auswirkung für Arbeitgeber:innen:
Freiwillige Weiterbildungsmaßnahmen sind hiervon ausgenommen. Daher bleibt es in diesem Fall weiterhin möglich, mit den Arbeitnehmer:innen - unter Beachtung der entsprechenden Vorgaben - eine Vereinbarung über den Rückersatz von Ausbildungskosten zu treffen.

4. Erweiterung des Benachteiligungsverbotes und Motivkündigungsschutzes
Arbeitnehmer:innen dürfen nicht nicht gekündigt oder anderweitig benachteiligt werden, wenn sie ihre Rechte auf Ausstellung ihres Dienstzettels, Mehrfachbeschäftigung oder Aus-, Fort- oder Weiterbildungen geltend machen. Sollte eine Kündigung aus solchen Gründen („Motivkündigung“) erfolgen, hat die:der Arbeitnehmer:in das Recht, innerhalb von 5 Tagen ab Zugang der Kündigung eine schriftliche Begründung zu verlangen.

Auswirkung für Arbeitgeber:innen:
Die Rechte der Arbeitnehmer:innen in Bezug auf Dienstzettel, Mehrfachbeschäftigung und Aus-, Fort- oder Weiterbildungen werden gestärkt. Wird eine Person gekündigt, weil sie die Ausstellung eines Dienstzettels, eine zulässige Mehrfachbeschäftigung verlangt oder Ansprüche im Zusammenhang mit Aus-, Fort- oder Weiterbildungen geltend gemacht hat, soll sie diese Kündigung bei Gericht anfechten können.

Arbeitgeber:innen sind künftig verpflichtet, derartige Kündigungen auf Verlangen der betroffenen Person schriftlich zu begründen. Die Unterlassung der Begründung führt zwar nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, es steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit einer Anfechtung aufgrund einer möglichen Motivkündigung.